Erst ein Aushilfslehrer schaffte es, aus uns wildem Haufen, eine ordentliche Klassengemeinschaft zu formen, die untereinander zusammenhielt.
Er war vom Handwerksgesellen, über eine Zeit als Mönch, zum Studium gekommen und viel in der Weltgeschichte herumgereist.
Diese Lebenserfahrungen nutzte er, um jeden Einzelnen von uns, nach seinen bestmöglichen Fähigkeiten, zu fördern.
Durch seine Nebentätigkeit beim örtlichen Fußballverein hatte er zusätzlich einiges an Erfahrung gesammelt, mit jungen wilden umzugehen und diese zu Höchstleistungen zu motivieren.
Bei mir entdeckte er schnell, dass ich ein organisatorisches Talent besaß, jedoch von Gruppenaktivitäten wie im Fußballverein zu spielen nichts hielt.
Also baute ich, unter seiner Anleitung, das Register der Vereinsmitglieder neu auf.
Zusammen mit einem Klassenkameraden kreierten wir neue Vereinsausweise, die wir auf der Schuldruckmaschine herstellten und in Plastikfolie einschweißten.
Um ein bis dahin nicht vorhandenes Lager für Unterrichtsmaterial einzurichten, räumten wir, nach Schulschluss, die Kellerräume der Schule leer.
Dort hatte sich über Jahrzehnte alles mögliche angesammelt, unter anderem, alte Krankenbetten aus dem Krieg.
Hier half mir dann das Wissen vom Dachbodenentrümpeln, noch ein bisschen Geld für die Klassenkasse zu erwirtschaften.
Kleine Reparaturarbeiten sowohl an den Räumlichkeiten als auch an den vorhandenen Karten und anderem Material wurden von uns übernommen.
Nachdem es uns, unter der kundigen Anleitung unseres Lehrers, ebenfalls gelang, alles genauestens zu katalogisieren, setzten wir sogar beim Rektor durch, dass künftig die Lehrmittelausgabe nur noch durch uns erfolgen durfte.
Was bedeutete, dass den Lehrern der Schule keine Selbstbedienung mehr erlaubt war, worüber keinesfalls alle erfreut waren.
Daher waren in der großen Pause immer zwei von uns im Lager anwesend, die dafür sorgten, dass die von uns übernommene Aufgabe reibungslos ablief.
Um uns davon zu überzeugen, dass die Regeln eingehalten wurden, scheuten wir nicht davor zurück, nach Schulschluss, regelmäßige Kontrollen in den Klassenräumen durchzuführen.
Fanden wir Material, das nicht durch uns ausgegeben wurde, erfolgte eine entsprechende Meldung an die Schulleitung.
Ganz nebenbei richteten wir in einem sonst als Rumpelkammer genutzten Nebengebäude einen Vorführraum und Partykeller ein.
Einen dort gefundenen alten Filmprojektor brachte mein Vater, mit Hilfe eines Technikers aus dem Kino, wo er als Filmvorführer vor einigen Jahren tätig war, wieder zum Laufen.
Was uns nicht nur die Anerkennung des Lehrkörpers, sondern vor allem der Mitschüler einbrachte.
So wurde aus der am schlechtesten beleumundeten Klasse der Schule, innerhalb eines Schuljahres, fast eine Vorzeigeklasse.
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