In der Wohngegend, in der ich aufwuchs, gab es 10 – 12 Kinder, die in etwa in meinem Alter waren.
Wir bildeten eine fest eingeschworene Gruppe, heute würde man dazu vielleicht Clique sagen, die fast jeden Nachmittag, während der Grundschulzeit, zusammen etwas unternahmen.
Wir kamen aus unterschiedlichsten Verhältnissen (von Unterschicht bis Oberschicht), dies spielte unter uns Kindern jedoch keine Rolle.
Manche Eltern meinten jedoch, ihr Kind sollte nicht mit uns anderen Spielen bzw. Umgang haben.
Genau gegenüber von unserem Mehrfamilienhaus gab es ein einzelnes frei stehendes Haus, in dem ein Bankdirektor mit 3 Kindern wohnte.
Die mittlere Tochter war ein 1 Jahr jünger als ich und wir verstanden uns sehr gut.
Aber wie es im Alter von 8 – 9 Jahren ist, waren wir nur gute Kameraden.
So nach und nach viel es den anderen auf, wo einer von uns war, der andere nicht weit weg sein konnte.
Sie fingen an, uns damit aufzuziehen, dass wir zwei ineinander verliebt seien.
Für uns bedeutete es, händchenhaltend durch die Gegend laufen, verlegen reagieren, wenn der andere einen wie zufällig berührte, kleine Zettel so oft wie möglich gegenseitig zustecken, möglichst viel Zeit miteinander verbringen.
Unter unseren Freunden verbreitete sich immer mehr das Gerücht, wir beiden hätten uns sogar schon heimlich geküsst.
Wenn wir alleine für uns waren, redeten wir über das, was wir füreinander empfanden und träumten davon, wie wir unsere Zukunft sahen.
Wir genossen es ebenfalls, einfach nur nebeneinander auf den Kirchenstufen zu sitzen oder im verwilderten Kirchengarten im Gras zu liegen.
Irgendwann, ich weiß nicht mehr, wer als erster auf die Idee kam, entschlossen wir, dass es ja sowieso schon alle behaupteten, ganz heimlich, hinter der Haustüre des Mehrfamilienhauses, in dem ich wohnte, uns zu küssen.
Es sollte aber nicht bloß ein Kuss auf die Wange sein.
Sondern richtig auf den Mund, wobei wir von Zungenküssen noch keine Ahnung hatten und so machten wir es auch, eines Nachmittags, an dem wir uns unbeobachtet fühlten.
Danach sonderten wir uns immer öfters von den anderen ab, um alleine, die Zeit gemeinsam zu verbringen.
Aber leider bekamen sowohl meine Eltern als auch die Eltern meiner Freundin es recht bald mit.
Die Frau des Bankdirektors Verbot daraufhin ihrer Tochter jeden weiteren Kontakt zu mir, denn für sie waren wir nicht standesgemäß.
Nachdem unsere alte Schule geschlossen wurde, kamen wir beide auf unterschiedliche neue Schulen und so konnten wir uns lediglich durch die Fenster heimlich sehen.
Leider zogen wir dann im Laufe des nächsten Jahres um und somit war diese erste große Liebe irgendwann verdrängt.
Mein Vater versuchte mich mit allem Möglichen von ihr abzulenken (mein erster eigener Hund, mein Saxophon, etc.) und ich vermute, dass es bei ihr nicht anders war.
Ich habe sie circa 8 Jahre später nochmal zufällig getroffen.
Sie war mittlerweile in der Ausbildung zur Arzthelferin und ich musste zu einer Untersuchung, wegen meiner Bewerbung bei der Marine zu diesem Arzt.
Während ich auf den Arzt wartete, haben wir uns die ganze Zeit unterhalten, was ihr einen Rüffel von ihrer Ausbilderin einbrachte.
Beim Verlassen der Arztpraxis sah ich sie nur kurz im Labor hantierend.
Später erfuhr ich gelegentlich von meiner Mutter, wenn sie sie in der Stadt getroffen hatte, wie es ihr ging und was sich so in ihrem Leben tat.